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REKA Feriendorf, CH-9107 Urnäsch

ARCHITEKTUR ZUM KENNENLERNEN IM URLAUB

Im hügeligen Voralpengebiet der Ostschweiz, das von tief eingeschnittenen Tälern durchfurcht ist, befindet sich auf ca. 800 Metern über dem Meeresspiegel das Dorf Urnäsch am gleichnamigen Flüsschen, das sich durch den hier etwas breiteren Talgrund schlängelt. Östlich des Bahnhofs der Appenzellerbahn liegt auf einem sanft abfallenden Gelände das Feriendorf. Die 50 Einheiten für Familien mit Kindern sind in drei winkelförmigen Trakten zusammengefasst, die kammartig an einer Basis, bestehend aus vier Häusern mit Gemeinschaftseinrichtungen, andocken.

Gedanken zur Architektur von Roland Gnaiger und Helmut Dietrich

Frage: Ihre Gedanken und Zielsetzungen zum REKA-Feriendorf?

Dietrich/Gnaiger: Die Planung des REKA-Feriendorfes in Urnäsch war angesichts eines interessanten Programms und der wunderbaren Qualitäten des vorgefundenen Landschaftsraumes und des bestehenden Ortskerns eine überaus schöne Aufgabe. Angesichts anderer, durch das Grundstück gegebener schwieriger Bedingungen aber auch eine grosse Herausforderung.
Will man die Zielsetzung unserer Planung auf den kürzesten Nenner bringen, dann erkannten wir in diesem Auftrag zwei grosse Entwurfsthemen: Integration und Eigenständigkeit! Diese wollten wir jeweils auf höchstem Niveau verwirklichen.
Unter Integration verstehen wir die sorgfältige Einführung in den bestehenden sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und den räumlich-architektonischen Bestand. Eigenständigkeit heisst für uns, das Schaffen einer neuen, eigenen Welt, in diesem Falle einer Ferienwelt, die als ein „noch nie Dagewesenes“ den langsam und lange gewachsenen Bestand der Tradition bereichert, ergänzt und kontrastiert.

Frage: Wie wird ein Quartier für mehr als 300 Menschen mitten im Kern eines traditionellen Dorfes integriert?

Dietrich/Gnaiger: Das Neue darf sich nicht zu wichtig nehmen! Wir suchen nach Bauten, die sich nicht verstecken, aber auch nicht eitel hervortun, und versuchen Wege zu legen, die sich in das Netzwerk des Dorfes fügen und dieses fortweben. Integration meint: Der Wunsch der Nachbarn auf Sonne und Ausblick wird durch uns in ein angestammtes Recht erhoben. Die Baumassnahmen ducken sich weg und nehmen in Mass und Massstab das Mass und den Massstab des Dorfes auf. Integration meint weiter: überall wo dies nützlich und sinnvoll ist, Methoden und Materialien des Ortes zum Einsatz zu bringen, den Dorfwald in Häuser zu transformieren und in den Fassaden, in Böden und Wänden zu veredeln: Ökologie ist eine freundliche und wertschätzende Geste gegenüber dem Dorf, der Region und ihren Schätzen. Technisch heisst das im konkreten Fall: Holzbau, Minergie-Standard und Eco-Level. Die Wertschöpfung bleibt in der Region, es kommt zu einem Zugewinn an zeitgemässem Know-How.

Wir gratulieren: MINERGIE-ECO®

Die Anlage wurde auf den Schweizer MINERGIE®-Energiestandard ausgelegt. Das Baumaterial wurde nicht weit transportiert, die Konstruktion der Wohnbauten besteht zu einem dominierenden Anteil aus Massivholz, das weitgehend aus dem Gemeindewald Urnäsch stammt. Selbst die Handwerker stammen zu zwei Dritteln aus der Region. Die Heizenergie wird aus einem neu errichteten, gemeindeeigenen Blockheizkraftwerk CO2-neutral mit Hackschnitzeln beheizt. Dafür erhielt das Feriendorf das MINERGIE-ECO®-Zertifikat. Während Merkmale wie Komfort und Energieeffizienz MINERGIE®-Gebäuden eigen sind, erfüllen zertifizierte Bauten nach MINERGIE-ECO® auch Anforderungen einer gesunden und ökologischen Bauweise.  

WIR GRATULIEREN DEM BAUHERREN FERIENDORF URNÄSCH AG ZUM MINERGIE-ECO®-LABEL

Frage: Und das zweite grosse Ziel ihrer Planung, die Eigenständigkeit? 

Dietrich/Gnaiger: Eigenständigkeit führt zum Entstehen einer eigenen und eigenständigen, möglichst zauberhaften und luxuriösen Binnenwelt. Der Luxus der Zukunft wird nicht in teuren Uhren, exklusiven Autos, Designermöbeln und modischem Outfit bestehen, sondern in den allerselbstverständlichsten und gleichzeitig am meisten bedrohten Dingen: Ruhe, Sicherheit, Musse, Ausblick! Ein guter Platz an der Sonne, Echtheit, Gemeinschaft, Platz und Raum – das werden morgen die wichtigsten Dinge sein. Mit der Anlage dieser Feriensiedlung haben wir versucht, diese Zukunft und diese Art Luxus vorwegzunehmen. 

Frage: Wie war die Reaktion auf diese moderne, nicht an regionalen Vorbildern orientierte Architektur?

Dietrich/Gnaiger: Die grosse Frage an uns und auch ein häufiges Bedenken kritischer Bürger dreht sich immer wieder um die Bauform, besonders um ihr Verständnis zur Tradition. Dazu ist zu sagen, dass es einfach unmöglich ist, in die Form eines, noch dazu meist alleine im Landschaftsraum stehendes, Appenzellerhauses eine Ferienanlage für Hunderte Menschen, auf relativ engem Raum zu pressen. Vertrautheit haben wir im Material gesucht, in der Ruhe der Innen- und Aussenräume, in den Atmosphären und in der Ordnung der Dinge. Wir hoffen, es braucht keinen gehobenen Fachverstand, nur ein wenig Offenheit, um diese Anliegen zu erkennen, zu erleben und zu geniessen.

Am Bau beteiligte

Architekten
Dietrich | Untertrifaller Architekten – Roland Gnaiger, AT-6900 Bregenz

Holzbau-Statik
SJB.Kempter.Fitze, CH-9100 Herisau

Holzbau
ARGE Blumer-Lehmann AG, CH-9200 Gossau

Fotos
Bruno Klomfar, AT-1060 Wien